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Klimanotstand – und dann?

 

Klimanotstand – das klingt dramatisch, ernst und nach absoluter Priorität. Was mit Fridays for Future, scientists4future und vielen Engagierten an Fahrt gewonnen hat, kommt nun auch in deutschen Städten, in der Politik und der Verwaltung an. Deshalb vergeht kein Tag, ohne dass aus einer Stadt vom Klimanotstand berichtet wird. Konstanz, Kiel, Lübeck und Münster haben ihn beschlossen, in Berlin wird heiß diskutiert und international rangieren London und Vancouver als Vorbilder.

 

Der Klimawandel ist Realität und braucht Aufmerksamkeit. Und das ist gut.

Zuallererst ist der Klimanotstand ein Signal. Er ist ein großes Ausrufezeichen: „Wir als Stadt haben den Ernst der Lage erkannt und sehen den Klimawandel tatsächlich als Bedrohung an!“. Das ist ein gutes Signal und ein wichtiger Schritt – wenn sich Parteien und Politik einig sind und voll Überzeugung hinter der Sache stehen.

Wichtig ist, was hinter dem großen Wort des Klimanotstandes stehen soll: Die Ziele des Pariser Klimaabkommens? Die Forderungen von Fridays for Future? Oder ein eigenes, städtisches Klimakonzept? Die Stadt, die ein integriertes, weit reichendes Konzept zum Klimaschutz und zur Anpassung hat und dies auch Schritt für Schritt umsetzt, soll sich gern damit brüsten. Denn dem Klimanotstand können vielleicht alle Verantwortlichen mit gutem Gewissen zustimmen – schwierig wird es hinterher. Was tun die Beteiligten tatsächlich, um das Klima zu schützen? Was tun die Akteure konkret, um ihre Stadt an Veränderungen des Klimas anzupassen? Das sind die Fragen, denen wir uns alle stellen müssen.

Wer den Klimanotstand nur ausruft, um alte Maßnahmen mit einem neuen Stempel zu versehen, sollte noch einmal in sich gehen. Und wer den Klimanotstand ernst meint, sollte mit mehr als den üblichen Maßnahmen aufwarten: Klimaneutrale Energieversorgung von Gebäuden, Mobilitätsmanagement für die Stadt oder Energiemanagement für städtische Gebäude reichen nicht mehr aus.

Der jetzt ausgerufene Klimanotstand mancher Stadt mag kurzfristig Aufmerksamkeit erzeugen. Damit alle wach und aktiv bleiben, braucht es jedoch konkrete Inhalte, weit reichende Ziele und eine aufrichtige Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern. Handeln? Auf jeden Fall. Aber mit Maßnahmen, die weiter gehen als das, was wir schon kennen. Ein Label? Von mir aus. Aber nur wenn es ernst gemeint ist und sich dahinter mehr verbirgt als heiße Luft.

 

Dr. Meike Othengrafen ist Stadtplanerin, Inhaberin vom büro stadtkommunikation und Autorin von www.moinzukunft.hamburg.  Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Klimaschutz in der Stadt- und Regionalplanung.

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