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Es gibt genügend Stellplätze!

 

Ein Kommentar zum Management von Parkraum in Innenstädten. Von NILS MEYER, cima


Das Thema „Parken in der Innenstadt“ wird seit Jahrzehnten fast unverändert als problematisch dargestellt und wahrgenommen. Und so erleben meine Kolleg:innen und ich bei Beratungsprojekten zum innerstädtischen Parkraummanagement regelmäßig, dass der Fokus der Kommunen vielfach (noch) auf sehr klassischen Themen liegt. Zugespitzt: Statt KI-gestützter Prognosen für freie Parkplätze in der Nähe, stehen klassische, statische Parkraumbereitstellung, Parkraumbewirtschaftung sowie Parkleitsysteme im Vordergrund.

Dabei stehen in den Kommunen fast immer ausreichend Stellplätze zur Verfügung – das zeigen Erhebungen im Rahmen unserer Parkraumkonzepte bezüglich der Auslastungen der Parkflächen. Nur werden verfügbare Plätze von den Gästen der Innenstädte nicht optimal genutzt, weil sie nicht akzeptiert werden. Deren Wunsch, so nah wie möglich an ihrem individuellen innerstädtischen Ziel zu parken, schlägt Preissensibilität und Rechtsempfinden. Analysen belegen, dass die Abneigung gegenüber Parkhäusern und Tiefgaragen – obwohl diese trotz hoher Verfügbarkeit, guter Lage und vergleichbarer Kosten regelmäßig über freie Kapazitäten verfügen – unverändert hoch ist. In der Folge werden kostenfreie oder kostengünstige Stellplatzanlagen von Pkw-Nutzer:innen gemieden, obwohl dies mit einem gerade mal sechs- bis zehnminütigem Fußweg zum Ziel verbunden wäre. Ergo werden Fahrzeuge „wildgeparkt“: Auf Grünanlagen, in Wendeschleifen, an Kreuzungsbereichen oder am Rand von Zufahrtswegen. Diese Lage betrifft insgesamt überwiegend Klein- und Mittelstädte. In Großstädten sind Stellplatzknappheit, Kosten und die Nutzung von Parkhäusern eher akzeptiert.

In den kleineren und mittelgroßen Kommunen sollte ein Umdenken im Parkraummanagement erfolgen. Lösungsansätze umfassen hier beispielsweise die Reduzierung ebenerdiger Parkplätze oder die Nutzung variabler Parktarife. Die bis vor kurzem bundesweit einheitliche maximale Gebührenhöhe stand m. E. in keinem Verhältnis zum eigentlichen Wert des öffentlichen Raums. Ein Zustand, der schon länger bemängelt wurde. Mit der jüngsten Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes sind nun höhere Gebühren möglich. Das war eine dringende Veränderung – zumal Befragungen auch zeigen, dass im öffentlichen Raum abgestellte Pkws von einem nennenswerten Anteil der Bevölkerung nur zwei- bis dreimal die Woche oder gar seltener bewegt werden.

Parken in Innenstädten sollte allenfalls auf Dächern oder in Tiefgaragen eine Rolle spielen.

Auch möchte ich mir einen Einblick in die Shell Pkw-Szenarien bis 2040 erlauben: Demnach wird der absolute Pkw-Bestand in Deutschland bereits im Jahr 2022 seinen Höhepunkt haben. Der Motorisierungsgrad wird im Jahr 2028 mit einem Wert von 569 Pkw/1.000 Einwohner seinen Höhepunkt erreichen und danach analog zum absoluten Pkw-Bestand sinken. Statt neuer Parkplätze und -paletten in innerstädtischen Lagen sollten diese Flächen in guter Lage, auch aufgrund langer Planungs- und Herstellungsprozesse, anders in Wert gesetzt werden. Parken sollte allenfalls auf Dächern oder in Tiefgaragen eine Rolle spielen.

Diese Szenarien vor Augen, kann künftig die Umnutzung von Parkhäusern verstärkt an Bedeutung gewinnen. So haben neue Mobilitätsformen auch unter den Aspekten Nachhaltigkeit und Verkehrswende vor allem dann eine Chance, wenn das eigene Fahrzeug zu unbequem oder zu teuer wird. Der öffentliche Personennahverkehr spielt dabei eine nicht so große Rolle. Denn wie  schon mein Professor an der Uni damals sagte: „Am mobilen Individualverkehr führt kein Weg vorbei.“

 

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Autor*in

Nils Meyer

cima // Senior Berater

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