Viele der aktiven lokalen Online-Plattformen werden vor Ort von einem „Kümmerer“ betreut. Diese Projektmanager agieren an der Schnittstelle zwischen dem Anbieter der Online-Plattform und den Plattformtteilnehmern. Er oder sie bekleidet damit eine – wenn nicht sogar die wichtigste – Funktion rund um eine lokale Online-Plattform. In der Regel ist er oder sie zuständig für die Akquisition, Betreuung und Schulung der Teilnehmer, übernimmt alleine oder mit seinem Team Aufgaben aus dem Vertrieb, dem Marketing sowie der Öffentlichkeitsarbeit und treibt schließlich die Entwicklung der eigenen Plattform im Dialog mit dem Systemproduzenten weiter voran. Dementsprechend verfügen die Projektmanager über einen sehr großen Erfahrungsschatz und ein unvergleichliches Praxiswissen, was gebündelt bislang nirgendwo zur Verfügung steht.

Diese Projektmanager berichten in persönlichen Interviews von Erfolgsfaktoren und teilen ihre Erfahrungen von vor Ort.


Erfolgsfaktor 1: Die Anforderungen vor Ort bestimmen das System – nicht umgekehrt

Die treibenden Kräfte vor Ort, die potentiellen Multiplikatoren, die Zusammensetzung der Unternehmerschaft, deren Wissenstand und Erwartungen sowie die finanziellen und zeitlichen Möglichkeiten aller Beteiligten – all dies muss eine Rolle bei der Auswahl einer individuell passenden Plattform spielen. Kein System einer anderen Stadt kann erfolgreich einfach übergestülpt werden.

Die Verantwortlichen vor Ort müssen mit klaren Vorstellungen und ggf. externer fachlicher Beratung in die ersten Gespräche und Verhandlungen mit den potentiellen Systemanbietern gehen. Nicht die angebotene und alleskönnende Technik, sondern die eigenen Ziele und Erwartungen an die Plattform sollten auswahlbestimmend sein.

Erfolgsfaktor 2: Ohne Projektmanager geht es nicht

Ohne Projektmanager kann keine funktionierende Online-Gemeinschaft entstehen bzw. aufrechterhalten werden. Von ihm oder ihr hängt u.a. die Sicherstellung der Datenqualität ab. Ein reines Sammelbecken für Einzelkämpfer bringt die Gemeinschaft nicht weiter.

Projektmanager brauchen Verkaufstalent und -wissen sowie echte Leidenschaft für das Projekt. Und ausreichend finanzierte Zeit für ihre anspruchsvollen Aufgaben. Nicht nachhaltige Lösungen sind wechselnde Praktikanten oder auf Dauer zeitlich überlastete Ehrenämtler in dieser Rolle. Die Sicherstellung der Projekt-Begleitung ist wichtig für konsequentes Weiterlernen, gegenseitiges Motivieren und die Entwicklung neuer Ideen und Ziele innerhalb der Gemeinschaft. Idealerweise erhält der Projektmanager als digitaler City-Manager eine langfristig finanzierte Vollzeitstelle, zusätzlich zu, aber in einer Einheit mit dem City-Management.

Erfolgsfaktor 3: Zielgruppengerechte Ansprache – Persönlicher Kontakt

Hinter jeder Technik stehen Menschen, die diese nutzen müssen – der persönliche Kontakt und individuelle Betreuungsangebote sind im Rahmen von Akquise und Projektverlauf daher sehr wichtig. Gleichzeitig muss klarwerden, es geht hier nicht um jahrelanges „Händchenhalten“, sondern um „Hilfe zur Selbsthilfe“. Ziel ist es, durch Sensibilisierung und laufende Fortbildung auch im Bereich Online-Marketing eigene unternehmerische Entscheidungen treffen zu können.

Bereits digital Aktive sind auf die neue Plattform weniger angewiesen. Diese aber braucht auch diese Unternehmer, die als Vorreiter für die Gemeinschaft gelten können. Das gemeinsame System sollte daher für diese keinen zusätzlichen Zeitaufwand bedeuten, sondern möglichst einfach mitbespielbar werden.

Erfolgsfaktor 4: Passivität überwinden – Anreize schaffen

Ob Zeitmangel, Überforderung oder Trägheit: Fakt ist, dass je nach Initiative ein zu großer Teil der eigentlichen Teilnehmer die Möglichkeiten der jeweiligen Online-Plattform nicht oder nur wenig nutzen. Dies schadet der Attraktivität des gesamten Projektes und eine Abwärtsspirale droht. Fortwährende Appelle sind wohl unumgänglich.

„Rundum-Betreuungspakete“, die den Teilnehmern vieles abnehmen, bieten Unterstützung. Aber sie müssen finanziert werden. Zudem sollte keiner aus seiner einzelbetrieblichen bzw. unternehmerischen Verantwortung komplett entlassen werden. Der Wille zur Weiterentwicklung muss von den Plattform-Teilnehmern erwartet werden.

Um den Prozess nicht dauerhaft zu lähmen – und das Engagement der Projektmanager weniger zu strapazieren – sind Wege der effizienten Datenerfassung und -bearbeitung wichtig. Daneben bieten sich auch Bonussysteme an, bei denen die Schnelligkeit, Aktivität und Zuverlässigkeit von Teilnehmern finanziell belohnt wird.

Erfolgsfaktor 5: Gemeinschaftlichen Einstieg nutzen, um Internet als Werkzeug anzunehmen

Wer überredet wurde, wird das System nicht dauerhaft stützen. Eine Online-Plattform wird Teilnehmer, die sich über ihren Monatsbeitrag hinaus nicht engagieren wollen, nicht weiterbringen oder gar retten. Für viele ist es aber der erste Schritt, Erfahrungen mit Online-Marketing zu machen.

Idealerweise wird dieser Schritt unterstützt durch Fortbildungsangebote der Systemträger und -produzenten und der Gemeinschaft vor Ort. Die generell bei diesen Projekten positive Aufbruchstimmung in der Unternehmerschaft mit Erfa-Gruppen und Stammtischen etc. trägt dazu bei. Wer die Sensibilisierung ernst nimmt, für den ist die Online-Plattform oft der Startschuss für eine auch einzelbetriebliche digitale Neu- bzw. Erstausrichtung.

Erfolgsfaktor 6: Kundenansprache – Flankierendes Offline- und Online-Marketing

Endkunden suchen in der Regel Informationen nicht über eine lokale Online-Plattform. Sie nutzen Suchdienste wie Google. Bei gezielter Produktsuche wählen potenzielle Kunden auch direkt den Produktkatalog namhafter Online-Händler, konsultieren die Website der Hersteller, verschaffen sich einen Eindruck anhand von Testberichten und Produktbewertungsportalen. Jeder Suchende hat feste Anlaufstationen im Internet, wo er die Suche beginnt.

Offline- und Online-Aktionen zur Bewerbung der Plattform zielen darauf ab, diese so stark bekannt zu machen, dass Endkunden die Plattform im Netz gezielt ansteuern, um dort direkt nach Unternehmer-Informationen, Produkten, Aktionen, Gewinnspielen etc. zu suchen. Dies ist eine große Herausforderung, widerspricht ein solches Vorgehen doch zunächst dem mittlerweile sehr gängigen Suchverhalten, nämlich der Nutzung einer Suchmaschine mit der kombinierten Eingabe von Stadtname und Produkt/Aktion/etc.

Unter diesen Voraussetzungen eine lokale Online-Plattform zu positionieren, ist eine große Herausforderung. Durch SEO-Maßnahmen kann die digitale Sichtbarkeit vielleicht verbessert werden. Allerdings gelingt es hierüber im Bereich Shopping kaum, eine Sichtbarkeit/Trefferquote zu erreichen, die es mit globalen Services aufnehmen kann. Sie müssen daher auch in der realen Welt mit „klassischen“ Maßnahmen unterstützt werden.

Demzufolge sind alle Offline- und Online-Maßnahmen sehr wichtig, die die lokale Online-Plattform stärker in das „Such- und Kauf-Bewusstsein“ der Endverbraucher bringen. Diese Maßnahmen müssen dauerhaft sichtbar, wiederholt und bestenfalls kombiniert werden. Der zeitliche und finanzielle Aufwand hierfür darf nicht unterschätzt werden.

Es dauert, bis der Endverbraucher auch online neue Wege geht und kann umso besser funktionieren, wenn besonders auf den lokalen Zusammenhalt und das Wir-Gefühl von Geschäftsleuten gesetzt wird. Der Gedanke des Miteinanders steht hierbei im Vordergrund: Jeder muss sich einbringen und seine eigenen Kanäle – von der Verkaufsfläche bis zur eigenen Online-Präsenz – nutzen, um die gemeinsame Plattform zum Erfolg zu führen. Voraussetzung ist, dass der lokale Ansprechpartner wie ein Projektmanager die geeigneten Medien zur Verfügung stellt, um mit EINER Sprache zu sprechen.

Erfolgsfaktor 7: Mehrere Online-Kanäle

Linear ist der Weg schon lange nicht mehr. Des Öfteren werden von Projektmanagern als Erfolgsfaktoren Begriffe wie „Multi- oder Cross-Channeling“ genannt. Die Anbindung und das Bespielen mehrere Kanäle ist sehr komplex. Nicht immer ist der Weg vom Informationsbedarf zur Information oder zum Kauf vorgegeben. Zu breit sind die Kommunikations- und Vertriebswege aufgestellt, um nur den einen zu präferieren. Der Kunde nutzt Suchmaschinen, Websites, Social Media und nicht immer in der gleichen Reihenfolge; er springt dazwischen hin und her.

Wichtige Grundlage ist, die relevanten Kanäle des Kunden zu kennen und sie inhaltlich und technisch zu kombinieren. Eine Kunst ist schon fast, den Kunden stringent durch alle Kanäle zum Ziel zu führen.

Hinzu kommt die Herausforderung, dass die relevanten Inhalte nicht immer aus einer Hand kommen. Hersteller, Händler, sogar mehrere am Ort, auch Kunden produzieren digitale Inhalte in Form von Texten, Bildern, Filmen. Diese Inhalte müssen dort abgeholt werden, wo sie generiert werden. Bedeutet: Idealerweise postet der Händler auf Facebook und der Inhalt findet sich in passender Form und bestenfalls ohne weiteren Aufwand auch in anderen Kanälen wie beispielsweise auf der lokalen Online-Plattform wieder.

Fazit: Was bringt eine lokale Online-Plattform aus Sicht von Projektmanagern vor Ort?

  • Positiv feststellbar ist eine spürbare Aufbruchstimmung in der Unternehmerschaft und die Steigerung des Wir-Gefühls vor Ort.
  • Plattformen können einen niedrigschwelligen Einstieg in das digitale Online-Marketing bieten. Dies ist insbesondere einzelbetrieblich wichtig, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein. Denn jedes Unternehmen benötigt heutzutage eine digitale Agenda.
  • Ein eigener Shop ist nicht pauschal für alle die richtige Lösung. Nicht alle haben Interesse an einem eigenen Shop, nicht alle haben die logistischen Möglichkeiten. Unter bestimmten Voraussetzungen (Plattform als Marke bekannt, idealerweise Warenwirtschaftssystem, Versand-Logistik, hohe Einsatz- und Lernbereitschaft für neuen Absatzkanal) sind aber durchaus Umsatzerfolge messbar.
  • Erfolg oder Misserfolg sind in der Regel durch Zahlen (noch) nicht bzw. generell schwer belegbar. Dies ist ein Erschwernis für die Akquisition von Teilnehmern.

 

Neben den Erfolgsfaktoren berichten die Projektmanager auch von Storlpersteinen. Die finden Sie hier.


Fotos: gemeinsam.online