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Digitalisierung tut weh – dann haltet es aus!

Angesichts der letzte Woche inkraftgetretenen EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wird wieder einmal deutlich: Digitalisierung ist „schmerzhaft“, sie frisst Zeit und finanzielle Ressourcen – auch ohne sich als Unternehmer mit Datenschutzerklärungen herumschlagen zu müssen. Die Frage ist aber nicht, ob in digitale Systeme und Online-Konzepte investiert werden muss, sondern wann. Dies gilt vor allem auch für den inhabergeführten Einzelhandel. Vermeintlich einfache Lösungen sind ein Trugschluss. Es mangelt aber nicht an Technologie, sondern an Veränderungsmanagern.

Die Digitalisierung ist ein schmerzlicher Transformationsprozess für all jene, die sich nicht schon früh auf ein neues Konsum- und Nutzungsverhalten eingestellt haben. Im Handel ist dies symbolhaft die elektronische Warenwirtschaft samt Echtzeitbestandsführung und umfänglicher Produktdaten, in der Gastronomie ein modernes Kassen- und Reservierungssystem, im kulturellen Betrieb eine intuitive Ticketinglösung, in der Hotellerie eine avancierte Buchungsplattformstrategie, in den Behörden der meist überfällige Relaunch des städtischen Portals und finanzierbare Smart-City-Strategien und in lokalen Interessen- und Werbegemeinschaften eine gemeinsame Online-Präsenz mit wirklicher Relevanz.

In den kommenden 12 Monaten, davon bin ich überzeugt, werden im innerstädtischen Handel entscheidende Weichen gestellt werden. Es wird sich zeigen, ob es Standorten gelingt, auch den digitalen Raum mit Infrastrukturen und Maßnahmen im Sinne des digitalen Dachmarketings zu bespielen. Anders ausgedrückt: Gelingt es den lokalen Akteuren nicht, die virtuelle Weihnachtsbeleuchtung in Google aufzuhängen, RoPo-Effekte (research online, purchase offline/online recherchieren, lokal kaufen) zu erzeugen und Kaufkraft auch online-lokal zu binden, dann wird es schwer werden, Frequenzverluste und Umsatzeinbußen aufgrund des nach wie vor wachsenden Online-Handels wenn schon nicht zurückzugewinnen, so doch wenigstens zu stoppen.

Kein Zweifel: Jeder Unternehmer muss mit einzelbetrieblichen Maßnahmen in die digitale Zukunft seines Betriebs investieren. Darüber hinaus braucht es aber auch kooperative Maßnahmen und konzertierte Unterstützungsleistungen etwa in Form von Schulungen, die Verbände, die IHK oder Wirtschaftsförderungsgesellschaften anbieten können. Und wer bereits mit seinem Gewerbeverein im Rahmen einer digitalen (City-)Initiative online gegangen ist, der unterschätzt hoffentlich nicht den Moderationsaufwand derartiger Projekte, das Heranführen der Teilnehmer an die Digitalisierung.

Nullen und Einsen sind nämlich eigentlich eine ziemlich banale technische Angelegenheit. Angesichts der digitalen Transformation in Stadt, Region und Handel ist vor allem Veränderungsmanagement (im eigenen Betrieb oder auf Ebene einer Kooperation) gefragt. Wird Wandel und Veränderung gut moderiert, tut das „rote Tuch“ Internet gar nicht mehr weh, sondern es ist dann eine saubere Unterlage für Wachstum.

Dieser Artikel wurde am 13. Juni 2018 erstmals in einer Kolumne für den Netzwerkpartner der Local Commerce Alliance „Die Umdenker“ publiziert. Das Unternehmen betreibt die appbasierte Informations- und Kommunikationsplattform CityKit in der Westpfalz.

Autor*in

Andreas Haderlein

Andreas Haderlein, ist Fachbuchautor und Change Manager. Er begleitete u. a. das Pilotprojekt „Online City Wuppertal“ (2013–2016) als Impulsgeber und Berater. Aktuell ist er u. a. für die Umsetzung eines regionalen Online-Marktplatzes in der Region Altmühlfranken verantwortlich. Sein jüngstes Buch „Local Commerce“ ist im März 2018 erschienen. // Mehr »

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