Roland Wölfel cima
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cima.MITTENDRIN Interview

Wir nennen uns Berater, nie Consultants

 

Städte und Kommunen stehen vor Aufgaben, die gewaltig und oftmals kostspielig sind. Beratung ist hier wichtig, gerade auch wenn das Rad nicht immer neu erfunden werden muss, weil viele Städte und Gemeinden ähnliche Probleme haben. Oder weil interne Widerstände in den Räten und Rathäusern nur mit Hilfe externer Impulse überwunden werden können. Die Plattform www.consulting.de hakte nach bei: ROLAND WÖLFEL

Das Interview führte Tilman Strobel. Veröffentlicht wurde es auf www.consulting,de am 20.11.2018

 

CONSULTING.de: Herr Wölfel, der Fokus des Beratungsangebotes der cima sind Städte und Kommunen. Der digitale Wandel hat dazu geführt, dass auch öffentliche Verwaltungen den Druck verspüren, etwas zu tun. Der Online-Handel lässt Einkaufsstraßen veröden, die Bürger erwarten eine zügige Behandlung ihrer Anliegen mit Hilfe von Online-Angeboten, um nur zwei Punkte zu nennen. Wie empfinden Sie die Entwicklung der vergangenen Jahre?

Roland Wölfel: Als die cima 1988 als ein Pionier der Kommunalberatung begann, gab es noch kein Internet. Besonders in den letzten 10 Jahren war die Entwicklung dann aber rasant. Mittlerweile sind nahezu alle Bereiche der Stadtentwicklung erfasst. Zwar sind Städte es gewohnt, sich veränderten Rahmenbedingungen anzupassen, die digitalen Rahmenbedingungen verändern sich aber so schnell, dass sie eine große Herausforderung für die Kommunen darstellen. Kommunale Entscheidungsprozesse benötigen mehr Zeit, als in Unternehmen. Dieser Handlungsdruck ist also ein großer Unterschied zu den analogen Zeiten.

Was Ihre Frage nach konkreten Beispiele betrifft: Die Verwaltungen haben neben vielen anderen digitalen Themen beispielsweise die Datenflut zu gestalten, und das heißt Chancen und Risiken gleichermaßen. Die stationären Händler befinden sich fortwährend in der Herausforderung, dem Einzug der digitalen Megaplayer in ihr über Jahrhunderte gewachsenes Geschäftsmodell adäquat zu begegnen. Und die Bürger nutzen die vielfach erhöhte Transparenz, um daraus Ansprüche zu formulieren, die vor der digitalen Wende gar nicht existierten.

Die Städte brauchen heute eine digitale Zukunftsvision, eine klare Strategie sowie Mut und Entschlossenheit. Viele Akteure befinden sich jedoch in Bezug auf den digitalen Wandel in einer „Wartestellung“ oder versuchen das Thema nur mit einzelnen, oft technikgetriebenen Projekten anzugehen. In den wenigsten Fällen haben sie eine eigene Digitale Agenda.

CONSULTING.de: Was ist anders, wenn man Städte und Gemeinden berät? Gerade im Vergleich zu Unternehmen. Ich kann mir vorstellen, dass beispielsweise die Entscheidungswege komplizierter sind, die Abstimmung länger dauert, die Honorare niedriger…

Roland Wölfel: In Unternehmen entscheidet der Chef oder zumindest die Chefetage. Städte sind komplexer und vielschichtiger, mit unterschiedlichsten Anspruchsgruppen. Dies erfordert vor allem in der Herangehensweise andere und stärker moderative Instrumente. Wir agieren immer an der Schnittstelle zwischen Politik, Bürger, Verwaltung und Unternehmen, da geht es nicht ohne eine integrierte Strategie.

Auch die Ansprüche an uns als Berater sind mit der Digitalisierung gewachsen. Wir können dank neuer Tools präziser, zielgruppengerechter und vernetzter arbeiten. Gleichzeitig wachsen die Erwartungen der Kunden bezüglicher schneller Ergebnisse und Transparenz. Kurzum: das Beratungsgeschäft ist zugleich einfacher und anspruchsvoller geworden. Es bleibt auch nach 30 Jahren noch spannend. Dass die Kommunen nicht die gleichen Honorare wie Großkonzerne zahlen, liegt auf der Hand.

CONSULTING.de: Wo und wann entstand die Keimzelle Ihres Beratungsunternehmens?

Roland Wölfel: Die Keimzelle liegt im München der 80er Jahre. Damals trieb das neue Thema „City-Management“ die Akteure um. Die qualitative Entwicklung der Innenstädte rückte damals erstmals in den Fokus. „Kann man die City wie ein Center managen?“ war die Frage der Stunde. Für den bundesweit ersten Modellversuch „Citymanagement in Bayern“ wurde dann die cima gegründet, um neuartige Methoden und Strukturen zu entwickeln. Die Berufsbezeichnung „City-Manager“ war geboren.

Aus diesen Erfahrungen haben wir dann das ganzheitliche Stadtmarketing entwickelt. Viele Handels- und Standortgutachter waren der Ansicht, dass es sich nur um eine kurzfristige Modeerscheinung handelt, die wegen der Komplexität der Aufgabenstellung wieder verschwinden würde. Mit der Initiative zur Gründung der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (bcsd) und dem Ausbildungsgang im ICR (Institut für City- und Regionalmanagement) konnten wir das Gegenteil beweisen und das Thema bundesweit und auch in Österreich etablieren.

CONSULTING.de: Gibt es irgendetwas in Ihrer Beratung, was komplett anders ist als bei anderen Consultants? Gibt es eine eigene Philosophie?

Roland Wölfel: Wir haben eine klare Philosophie. Die Verbindung von Stadtgesellschaft, Städtebau und Stadtökonomie macht sicher den Unterschied zu vielen anderen Beratungsunternehmen aus. Die Stadt ist für uns Kulturgut. Seit ihren Anfängen bekennt sich die cima zur kompakten europäischen Stadt. Für uns speist sich die Bedeutung der Stadt aus zwei Quellen: Aus der aus Steinen gebauten Stadt (urbs) und aus der Stadt als Gemeinschaft der dort lebenden Menschen (civitas). Diese beiden Quellen sind der Maßstab unserer Beratung bis heute. Die Überzeugungen schützen vor Beliebigkeit.

Unser Ziel ist, die Städte und Regionen stark zu machen. Das nützt allen – nicht nur Einzelnen. Möglicherweise ist das der Unterschied zu klassischen Consultants. Wir haben unsere Städte und Regionen von Beginn an auch bis in die Umsetzung begleitet und somit auch vor Ort Verantwortung übernommen. Und wir nennen uns Berater, nie Consultants.

CONSULTING.de: Wenn Sie Personal suchen, was können Sie den Bewerberinnen und Bewerbern versprechen? Und mit was können Sie punkten?

Roland Wölfel: Unser Karrieremodel beginnt oft mit der Projektassistenz und geht perspektivisch bis zum Partner mit eigenen Firmenanteilen. Es ist also nach oben hin alles drin. Ganz wichtig für unsere Leistungen ist die gemeinsame Leidenschaft bezüglich der Themen und der Teamzusammenhalt. Dazu fallen mir zwei passende Kunden-Zitate ein: „Man spürt förmlich den Teamgeist, wenn sie im Projekt vor Ort auftreten“ und „Die cima steht für Vielseitigkeit und ist Innovationstreiber in der Szene“.

Und wir können wirklich mit einem engagierten und lebendigen Team punkten, auf das ich gerade in diesem Jahr besonders stolz bin. Ich stehe da noch unter dem Eindruck der Feier zu unserem 30-jährigen Jubiläum, bei dem die Mitarbeiter aller Standorte zusammenkamen. Die positiven Rückmeldungen darauf lassen mich in Bezug auf Zusammenhalt und Teamgeist der Kollegen zufrieden in die Zukunft blicken.

CONSULTING.de: Wie lange muss ein frisch gebackener Hochschulabsolvent bei Ihnen lernen, um Mandanten allein beraten zu dürfen?

Roland Wölfel: Das hängt natürlich vom Thema und der Komplexität der Aufgabe sowie vom Absolventen ab. Im Fortbildungskonzept unserer cima.akademie wird man befähigt bereits nach 1-2 Jahren eigenständig kleinere Projekte zu leiten. Wir fördern die vorhandenen Talente der Mitarbeiter und stülpen ihnen keinen starren Ausbildungsplan über. Durch die Vielseitigkeit unserer Projekte können wir spezieller auf die jeweiligen Stärken der Mitarbeiter eingehen. Ein interner Coach gibt Rückendeckung und Sicherheit. Die Reife zum „richtigen“ Berater wird normalerweise nach 4-6 Jahren erreicht.

CONSULTING.de: Vielen Dank für das Gespräch!

Stadtentwicklung

Autor*in

Roland Wölfel

cima // Geschäftsführer, Partner

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